Jan Kopp: Lichten

Das Projekt

Die Kantorei Bethel hat 2024 zum zweiten Mal einen Kompositionsauftrag für ein Stück in einer zeitgenössischen Tonssprache für die Besetzung Laienchor, Bass-Solo und Orgel vergeben. Der Auftrag ging an den Stuttgarter Komponisten Jan Kopp, die Uraufführung des Stücks "Lichten" war am Sonntag, 30. März 2025 um 17:00 Uhr in der Zionskirche zu hören. Ausführende waren Martin Wistinghausen (Bass), Christof Pülsch (Orgel), Bernd Wilden (Leitung) und ein eigens für dieses Projekt gebildeter Chor für Neues. Das Konzertprogramm wurde mit Musik von Martin Wistinghausen und des färöischen Komponisten Kári Baek ergänzt.

 
Die erste Komposition, die im Rahmen des Projektes Neue Musik für Laienchöre 2023 in Auftrag gegeben worden war („Sei nun wieder zufrieden“ von Martin Wistinghausen), wurde im Januar 2024 in der Zionskirche uraufgeführt und ist mittlerweile im Verlag Merseburger erschienen. Eine weitere Aufführung erfolgt am So, 21. September 2025 um 12:00 Uhr in der Kulturkirche "Pax Christi" zu Krefeld. "Lichten" wird im November 2026 in Stuttgart erneut aufgeführt und auch im Verlag Merseburger verlegt werden.

 

Der Kompositionsauftrag für "Lichten" wurde von der STIFTUNG Sparda-Bank (Hannover) gefördert, die Aufführung sowohl von "Lichten" als auch von "Sei nun wieder zufrieden" von der Kirchenmusikstiftung Ziegler (Paderborn).

 

Weitere Kompositionsaufträge für diese Reihe sind in konkreter Planung, zur Aufführung 2026 (Sa, 17. Januar) bzw. 2027.

Das Stück

Als Textgrundlage wählte Jan Kopp Auszüge aus dem Langgedicht „kommen sehen“ der Lyrikerin Anja Utler. In diesem Gedicht entwickelt sie das dystopische Bild einer Welt, in der „drei Jahre Sommer“ herrscht und so alles Leben verdorrt. Eine nicht näher bestimmte Prophetenfigur beschreibt diese Welt, doch nicht vorwurfsvoll, sondern eher distanziert. Im Zentrum der Betrachtung stehen nicht moralische oder gar meteorologische Fragen, sondern die Frage des existenziellen Umgangs der Menschen mit dieser Katastrophe, die sich abzeichnete und deren Folgen noch nicht gänzlich abzusehen sind.
 
Das Libretto der Komposition verbindet das Gedicht Anja Utlers mit Versen aus dem biblischen Buch des Propheten Jeremia, das auch die Erfahrung einer langanhaltenden Dürre und die Wirkung auf die Menschen thematisiert. Die Musik Jan Kopps nimmt das Motiv der Dürre auf, und so entsteht eine zuweilen verdorrte Musik, die jedoch nicht ohne Hoffnung bleibt. Der Bass-Solist steht als Verkörperung der Prophetenfigur dem Chor, der verschiedene Rollen übernimmt, gegenüber.
 
Durch die Figur des Propheten wird zudem die Frage nach der Wahrheit der Prophetie und der Legitimation des Propheten gestellt. Während Jeremia sie in der biblischen Überlieferung direkt von einer göttlichen Instanz erhält, fehlt diese in der quasi atheistischen Dystopie Anja Utlers, und so sind wahre und falsche Propheten kaum zu unterscheiden. Das Volk erlebt die Konsequenzen einer „metaphysischen Heimatlosigkeit“ (Jan Kopp). 

Der Hintergrund

Der Komponist Jan Kopp gibt Auskunft über (1) die Entstehung und Konzeption des Librettos, (2) die musikalischen Grundstrukturen sowie (3) den übergeordneten Bezug der Komposition.

Der Komponist

Jan Kopp (*1971 in Pforzheim) begann 1981 zu komponieren. 1987-91 war er Vorstudent bei Wolfgang Rihm. Danach studierte er Germanistik und Musikwissenschaft an der Universität Heidelberg (Magisterarbeit über Hermann Broch) und Komposition bei Helmut Lachenmann und Marco Stroppa. Er lebt und arbeitet in Stuttgart als freischaffender Komponist, Publizist, Dramaturg und Pädagoge.

Sein Interesse gilt insbesondere der Vokal- und Kammermusik und dem Grenzbereich zwischen Musik, Sprache, Szene und bildender Kunst. Eine langjährige Zusammenarbeit verbindet ihn u.a. mit dem KlangForum Heidelberg, dem Ensemble Phorminx, dem Countertenor Daniel Gloger und der Sopranistin Angelika Luz. Kompositorisch wie didaktisch widmet er sich der Frage nach partizipativen Ansätzen in Neuer Musik, u.a. in Kompositionen für Laienchöre und kompositionspädagogischen Projekten. Seit 2002 leitete er zahlreiche Workshops für Neue Musik. 2005-2017 war er Koleiter von „Jugend komponiert Baden-Württemberg“. Von 2016-24 unterrichtete er Kompositionspädagogik an der Musikhochschule Stuttgart.

Als Publizist schrieb er zahlreiche Beiträge für Rundfunksender und Fachzeitschriften. Gefördert wurde er durch die Studienstiftung des deutschen Volkes, die Kunststiftung Baden-Württemberg, die Heinrich-Strobel-Stiftung des SWR, die Mozart-Stiftung Frankfurt/Main, die Liz-Mohn- und die Heinrich-Haake-Stiftung. 2010 hatte er eine Residenz im Kleinen Markgräflerhof Basel. Aufträge erteilten ihm u. a. das Siemens Arts Program, der SWR und die Staatsopern Berlin und Stuttgart. Seine Musik war zu hören bei den Festivals Eclat, Heidelberger Frühling, MaerzMusik, den Tagen für Neue Musik Zürich, der Daegu Contemporary Music Universiade (Südkorea), dem Festival ATEMPO in Caracas (Venezuela) und in verschiedenen Rundfunksendern. (Foto: Klaus Kusserow)

Hör- und Notenbeispiele